Politikwissenschaft studieren – Ein Erfahrungsbericht

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„Lern doch lieber was Gescheites!“, wird sich so manch einer denken, wenn er den Titel dieser Kolumne liest. Dass die Unis heutzutage aber so links sind, liegt daran, dass sich ehemals auch viele Linke dazu entschieden haben, nichts Gescheites zu lernen. Als Idealist, Konservativer und Langzeitstudent wollte ich also nicht weiter jammern und den mühsamen Marsch durch die Institutionen auf eigene Faust beginnen. Dafür habe ich meine Siebensachen gepackt und mich an der nicht ganz so verloren geglaubten Wiener Hauptuniversität eingeschrieben.

Warum Wien? Nun, für Süddeutsche ist Wien gut erreichbar, bezahlbar und genießt insgesamt einen fantastischen Ruf im Gegensatz zum überteuerten und hässlichen Stuttgart und dem ebenfalls überteuerten und schnöseligen München; ein gewisser Hang zum Austrophilen gab den Ausschlag. Warum Politikwissenschaft? Als Mischung aus politischer Theorie, Staats- und Sozialwissenschaften, Soziologie und Rechts-, Geschichts- und Wirtschaftswissenschaften schien mir das Studium auf den ersten Blick perfekt für eine allgemeine Bildung, mit der man Veränderung bewirken könnte. Ich ahnte damals natürlich nicht, dass mir mit der Geschlechterforschung und dem andauernden Rumhacken auf dem bösen Westen als Unterdrücker, Klimawandelverursacher und Ausbeuter dicke Steine in den Weg gelegt würden.

Übrigens: Bei den Wahlen zur Österreichischen Hochschülerschaft wählten 1946 nur österreichische Staatsbürger. Bei einer Wahlbeteiligung von 82 Prozent bekam die konservative Österreichische Studentenunion (ÖSU) ungefähr drei Viertel der Stimmen, der Verband Sozialistischer Studenten in Österreich (VSStÖ), der in Deutschland wohl ein Konglomerat aus Grünen, Linken und Sozialdemokraten wäre, knapp 22 Prozent und die Kommunisten drei Prozent. 1955 trat auch der rechtsgerichtete Ring Freiheitlicher Studenten zur Wahl an und erlangte bei einer Wahlbeteiligung von 62 Prozent 29 Prozent der Stimmen. Der VSStÖ erlangte zwölf Prozent und der konservative Wahlblock 60 Prozent. Warum ich all diese langweiligen Zahlen erwähne? Um zu zeigen, wie effektiv die 68er-Generation das Leben an den Unis veränderte. In den 60ern sank die Wahlbeteiligung an den ÖH-Wahlen auf 27 Prozent, bei denen aber immer noch großteils konservativ gewählt wurde. Doch die Trends setzten sich fort. 2021 wählten ganze 15,73 Prozent aller Studenten, hauptsächlich rot und grün. Die Konservativen sind nun mit 21,02 Prozent drittstärkste Kraft, der Ring Freiheitlicher Studenten stieg (!) auf ganze 2,65 Prozent.

Dieses Bild repräsentiert den Alltag in den Hörsälen der Politikwissenschaft hervorragend. Greift man wahllos drei Durchschnittsstudenten heraus, findet man einen linksliberalen Berliner Hipster, einen Münchner Möchtegernintellektuellen und eine begeisterte Veganerin und Technoenthusiastin aus dem Wiener Umland. Sie alle bezeichnen sich als Feministen, kiffen gelegentlich und setzen sich für das Klima ein, wettern gegen die böse konservative Regierung oder schämen sich in den Vorlesungen wegen ihres imperialistischen Lebensstils. Übrigens: Einer vom Typ Berliner Hipster hat während einer solchen Vorlesung tatsächlich angemerkt, dass Freunde von ihm den Selbstmord in Betracht gezogen haben, um sich den Ausbeutungsstrukturen des globalen Nordens zu entziehen.


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Mit rund 100 Studenten pro Vorlesung sind die Hörsäle der Politikwissenschaft stets gut besucht. Man kann dort tatsächlich einiges Interessantes erfahren, wobei im Bachelor stets auch das Erlernen des wissenschaftlichen Arbeitens im Vordergrund steht. Stellt man es geschickt an, kann man in den weit weniger frequentierten Seminaren tatsächlich auch gute Diskussionen führen. Will man dabei allerdings nicht schräg angeschaut werden, muss man alle möglichen Tricks anwenden, um Kurse über linksliberale, feministische, schwarze und queere Quotenautoren (natürlich all das zusammen) zu vermeiden. Aber auch mit diesen Tricks wird man von Judith Butler bis zum Black Feminism alle Theorien der Neuen Linken kennenlernen, was jedem Normaldenkenden genügend Gründe liefern müsste, von diesem Lager Abstand zu nehmen. Na ja, wie heißt es so schön? Kenne deinen Feind!

Wirklich Gleichgesinnte habe ich im Politikwissenschaftsstudium nicht gefunden. Einige brachen das Studium frühzeitig ab, viele Linke schrieben einfach keine Prüfungen, und der große Rest war einfach ein Haufen relativ unpolitischer Normies, an denen die „Wissenschaft“ an der Universität nicht spurlos vorbeigegangen war. Fast alle am Institut für Politikwissenschaft, auch die Unpolitischen, genderten. Wenigstens dazu wurde ich nicht gezwungen, auch wenn die Professoren dazu rieten, Farbe zu bekennen.

Mit aktuellen Themen kennen sich übrigens die wenigsten Politikwissenschaftsstudenten aus, auch wenn sie generell die Narrative ihrer linken Kommilitonen aufsaugen und deren Meinung übernehmen, wenn sie sich nicht von der Lektüre verschiedener linker Autoren haben politisieren lassen. Man braucht Erkenntnismut in dieser Zeit, denn am Ende des Tages schützt kein Studium davor, reflektiert zu denken oder weiterhin unwissend zu bleiben: Die meisten meiner Kommilitonen gaben nach dem Studium zu, sehr wenig gelernt zu haben und davon kaum noch etwas zu wissen.

Würde ich ein Politikwissenschaftsstudium empfehlen? Nur wenn man genug Mut, Muße und Nerven hat. Mit genügend Tat- und Geisteskraft kann man auch dort ein leuchtendes Beispiel sein und andere dazu inspirieren, das an der Uni Gelehrte zu hinterfragen. Selbst wenn auch bei mir einiges Fachwissen schon vergessen ist, kann man dort das eigene Denken schulen und mit reichlich Engagement sogar die linksbesetzten Machtpositionen infiltrieren. Keine schlechten Aussichten eigentlich; selbst wenn es mit der Unikarriere nichts wird, schafft man es mit den erlernten Fähigkeiten vielleicht immerhin zu einem Kolumnisten der KRAUTZONE…

Ein Blick in den Aufenthaltsraum der Politikwissenschaftler vor dem Studium hätte mir übrigens schon verraten können, dass mein Weg nicht nur steinig und schwer sein würde, sondern auch relativ einsam.

Nichtsdestotrotz, ich habe ihn beschritten; Freunde muss man sich eben jenseits der Uni suchen. Mit lebenstüchtigen und bodenständigen Menschen habe ich mich aber sowieso immer besser verstanden als mit der weltfremden und linksliberalen „Studierenden“-Kaste.

Übrigens: Die Lettern „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei“ prangen am Eingang des Neuen Institutsgebäudes. Eine Doktorstelle habe ich mit einem nicht linken Thema dort trotzdem nicht bekommen.